Nutzungsänderungen

Definition

Eine Nutzungsänderung im Sinne des öffentlichen Baurechts setzt voraus, dass die Variationsbreite der genehmigten Nutzung verlassen wird, d.h. wenn das bisher für die jeweilige Nutzung charakteristische Spektrum erweitert wird und dadurch städtebauliche oder bausicherheitliche Belange neu berührt werden können.

Beispiel: Ein Wohnraum soll künftig zu gewerblichen Zwecken (z. B. als Bürofläche) genutzt werden. Durch die Umnutzung gelten neue Anforderungen z.B. hinsichtlich Brandschutz, Schallschutz oder Stellplätzen

Eine Nutzungsänderung liegt damit vor allem in der Änderung der genehmigten Benutzungsart einer baulichen Anlage und kann, muss aber nicht zwangsläufig von einer Änderung der baulichen Substanz begleitet sein.

 

Wichtigste Auswirkungen einer Nutzungsänderung in der Praxis

Zum Thema Nutzungsänderung finden sich insbesondere in der Bayerischen Bauordnung (BayBO) Regelungen. Sie sehen vor, dass eine Nutzungsänderung von Anlagen grundsätzlich einer Baugenehmigung bedarf, soweit in Art. 56 bis 58, 72 und 73 nichts anderes bestimmt ist.

Dieser Grundsatz ist in Art. 55 Abs. 1 BayBO niedergelegt. Die Ausnahmen davon sind in den Art. 56- 58, 72 und 73 BayBO geregelt und werden auch als sog. Privilegierungen bezeichnet.

 

  1. Grundsatz der Genehmigungspflicht

Grundsätzlich führt eine Nutzungsänderung einer Anlage daher dazu, dass eine Baugenehmigungspflicht ausgelöst wird, Art. 55 Abs. 1 BayBO. Dementsprechend muss eine Baugenehmigung nach Art. 64 BayBO beantragt werden, die von der zuständigen Baubehörde erteilt wird, wenn alle Voraussetzungen vorliegen.

Der Antrag ist schriftlich bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen, Art. 64 Abs. 1 S. 1 BayBO. In Bayern ist es seit Anfang 2021 in etlichen Gemeinden bzw. bei etlichen Landratsämtern möglich, den Antrag digital einzureichen, Art. 80a BayBO i. V. m. DBauV (Digitale Bauantragsverordnung). Mit dem Antrag müssen alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen, die sog. Bauvorlagen, eingereicht werden, Art. 64 Abs. 2 S. 1 BayBO. Zuletzt haben der Bauherr und der Entwurfsverfasser den Bauantrag und die Bauvorlagen zu unterschreiben, Art. 64 Abs. 4 S. 1 BayBO.

 

  1. Ausnahmen von der Genehmigungspflicht

Eine Ausnahme von Genehmigungspflicht gilt in den Fällen der Art. 56 -58, 72 und 73 BayBO. Falls einer dieser Paragrafen einschlägig ist, muss also gerade keine Baugenehmigung beantragt werden.

Besonders praxisrelevant sind dabei die verfahrensfreien Bauvorhaben nach Art. 57 BayBO. Für die Fälle der Nutzungsänderung sind insbesondere die Fallvarianten des Art. 57 Abs. 4 Nrn. 1 und 2 BayBO relevant. Danach sind Verfahren für die Nutzungsänderung von Anlagen verfahrensfrei, wenn

1. für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 bis 62b als für die bisherige Nutzung in Betracht kommen, wobei andere öffentliche-rechtliche Anforderungen in diesem Sinne die Verfahrensfreiheit unberührt lassen, soweit die neue Nutzung gebietstypisch im jeweiligen Baugebiet nach den Vorschriften der Baunutzungsverordnung allgemein zulässig ist und kein Sonderbau betroffen ist, oder

2.die Errichtung oder Änderung der Anlagen nach Abs. 1 und 2 verfahrensfrei wäre.

Eine weitere praxisrelevante Ausnahme bildet die Genehmigungsfreistellung nach Art. 58 BayBO. Wenn die Nutzungsänderung einer baulichen Anlage keinen Sonderbau darstellt, ist sie im Geltungsbereich eines Bebauungsplans unter gewissen Voraussetzungen genehmigungsfrei gestellt.

 

Folgen ungenehmigter Nutzungsänderungen

Eine ungenehmigte Nutzungsänderung kann weitreichende Folgen haben. So kann unter anderem die zuständige Baubehörde die neue Nutzung nach Art. 76 S. 2 BayBO untersagen.